Klasse Nacht mit Fernglas und Dobbi
Genau
wie letztes Jahr (siehe "Eine
Ausnahmenacht") sollte auch dieses Mal der April eine ausgesprochen
transparente Nacht für das Kalletal bereithalten. Dabei war ich nach so langer
Wolkenpause und 1-2 enttäuschenden Winternächten eigentlich gar nicht auf eine
so schöne Nacht gefasst. Denn der Plan der spontanen Zusammenkunft mitten in
der (Arbeits-)woche war eigentlich nur, den Andreas ("mikrolinux" auf Astrotreff)
kennen zu lernen und meine neue Anschaffung, ein Sky Quality Meter, zu testen
– immerhin hatten wir ja auch nur 2 Stunden, bis der fast noch volle Mond
aufgehen sollte.
Aber zwei kurze Stunden können für viele Wochen Schmuddelwetter entschädigen,
wenn sich der Himmel so wunderbar klar präsentiert, wie es nun der Fall
war. Gegen Ende der Dämmerung (dachte ich zumindest), richtete ich zum ersten
Mal das SQM zum Himmel – ein Wert von ca. 20,8 mag/Bogensek2 enttäuschte
zunächst. Dafür war der 16" Dobson fertig justiert und die beiden
10x50 Ferngläser vom Andreas wurden eh schon seit Minuten an den Plejaden und
der Praesepe kritisch gegeneinander gestellt… die Armen ;-) Aber wie das so
ist: eine Neuanschaffung muss nun mal zu aller erst ausgiebigst getestet werden,
bevor man sich dann später einfach nur noch an den schönen Anblicken erfreuen
wird.
Da der 16"er schon vor einiger Zeit von mir für gut befunden wurde, konnte
ich mich gleich an M 3 erfreuen - bei 420x zeigt sich ein
beeindruckendes Sternenmeer.
AHHH, ENDLICH WIEDER UNTER STERNEN!! Wurde aber auch höchste Zeit, nach dem
katastrophalen Winter…
Dass das Seeing gar nicht so schlecht war, hatten wir schon zuvor am Saturn
festgestellt. Aber nicht nur Planeten profitieren vom guten Seeing, denn auch
Kugelsternhaufen, Planetarische Nebel oder kleine Details in Galaxien brauchen höhere
Vergrößerung und damit ruhige Luft.
Ein Blick auf die Anzeige des SQM verriet nun auch, dass der Himmel immer
dunkler wurde. Die Dämmerung schien immer noch nicht abgeschlossen - der Wert
war innerhalb weniger Minuten nun schon auf 21,00 gestiegen, was etwa meiner
persönlichen Grenzgröße von 6mag3 entspricht.
Der nächste Schwenk galt M 81/M 82: neben einigen Dunkelkeilen, konnten
dank des guten Seeings bei 420x in M 82 zweifelsfrei drei SSC (Superstarcluster,
Zusammenstellung
von Nico Schmidt) als stellare Aufhellungen gesehen werden. Die Galaxie zog
sich bei dieser Vergrößerung quer durchs ganze Gesichtsfeld und präsentierte
sich wunderbar irregulär – ein beeindruckender Anblick!
Der nächste Blick aufs SQM verriet: 21,06… AHA, da passiert noch was!
Aber auch so schon wurde deutlich, dass wir eine wirklich schöne Nacht erwischt
hatten. Die Sternbilder waren mit kleinen Sternchen quasi "aufgefüllt"
und zwischen den Sternen im Zenit schien der Hintergrund fast schwarz. Einzig
die Lichtglocken am West- und Nordhorizont verrieten, dass wir dann leider doch
nicht so weit von den nächsten Städten entfernt beobachteten. Dank des sehr
transparenten Himmels nahm sich der Lichtsiff dort aber nicht allzu störend
aus.
Gut, schnell weiter geschwenkt, denn die Zeit war knapp bemessen. Wieder ein WOW!!
Wir diskutierten geschätzte 15 Minuten die Einzelheiten in den Spiralarmen von M
51 – so macht das Spaß! Sich zu zweit ein Objekt zu
"erarbeiten" und dann festzustellen, was alles sichtbar wird, ist eine
besondere Freude. Ich hatte den Eindruck, dass es Andreas mindestens genau so
gut gefiel, wie mir – immerhin konnte er bislang viel zu selten unter so einem
dunklen Himmel auf visuelle Entdeckungstour gehen.
M 63 war auch sehr hübsch, konnte aber M 51 bei weitem nicht das Wasser
reichen, obwohl auch hier bei 200x eine gewisse Feinstruktur sichtbar wurde. Dafür
wurden bei NGC 4565 die Augen wieder richtig groß: wieder mit 200x zog
sich eine ästhetische "Lichtnadel" durch das Gesichtsfeld. Das
Staubband war überdeutlich und teilte den Bulge der Galaxie in zwei ungleiche Hälften.
Dabei war die weitaus schwächere Hälfte nicht unbedingt schwer zu erkennen –
fast so, wie man es von Fotografien kennt.
Etwas unbekannter, aber für meinen Geschmack noch interessanter ist das im
Sternbild Jagdhunde gelegene Galaxienpärchen NGC 4631/4656 – manchen
vielleicht als die "Heringsgalaxie" und der "intergalaktische
Hockeyschläger" bekannt :-) Mit 100x passen beide Galaxien in ein
Gesichtsfeld. Auch mit dieser schwachen Vergrößerung ist die extrem
asymmetrische Form vom Hockeyschläger deutlich zu erkennen. Doch zunächst wird
die Heringsgalaxie (messier45.com)
höher vergrößert. Wieder diskutieren wir die vielen Strukturen –
Lichtknoten und Dunkelbänder lassen diese Galaxie zu einem Highlight werden.
Das i-Tüpfelchen bildet das "kleine Begleiterchen" NGC 4627, welches
auf dem übergroßen Nachbar zu reiten scheint. Dann der hochvergrößerte
Schwenk zum Hockeyschläger (messier45.com):
klasse, das breite Ende bildet der knotige Zentralbereich, daran setzt ein erst
gerader und zum Ende dann stark gekrümmter, sehr einfacher Spiralarm an, der in
der Krümmung am hellsten scheint. Erst auf den zweiten Blick wird der ungleich
schwächere Spiralarm auf der anderen Seite des Zentralbereichs sichtbar, er
bleibt allerdings schemenhaft.
So, da der Mond in einer halben Stunde aufgehen soll, mache ich meine abschließenden
SQM-Messungen. Der Wert ist nun nochmals deutlich gestiegen, das Display zeigt
immer wieder 21,15 mag/Bogensek2 an. Meine persönliche Grenzgröße
schätze ich grob zu etwa 6mag5, was an diesem Standort fast dem Optimum
entspricht – für mich ein toller Himmel!!
Weiter zu NGC 4449 (messier45.com),
einer irregulären Galaxie. Unglaublich, wie hell das Teil ist – und dabei
vielen Sternenguckern wohl unbekannt sein wird. Mit 300x werden mehrere
Lichtknoten im Zentrum sichtbar. Vom kastenförmigen Bulge geht nach Nordosten
ein schwacher Ausläufer ab, in dem ein auffälliger Doppelknoten sitzt. Außerdem
scheint es uns so, als wenn nach Norden und Westen zwei schwache Ausläufer vom
Zentralteil abgehen, Andreas beschreibt sie treffend als "Stierhörner".
Ein späterer Vergleich mit Aufnahmen bestätigt diese grenzwertige Beobachtung
– klasse gesehen Andreas!
Nun aber zum Abschluss noch mal zwei Objekte, bei denen man sich nicht so quälen
muss: wir lassen M 13 und M 92 wirken. Beeindruckend zahlreich
prasseln die Sterne ins Auge – Wahnsinn. Dabei wirkt M 13 im Vergleich zu M 92
geradezu wie ein extrem reicher Offener Sternhaufen. Im direkten Vergleich
unterscheiden sich die beiden Kandidaten trotz ihrer identischen
Gesamthelligkeit und Natur extrem: M 92 ist zur Mitte viel stärker
konzentriert, mit einer Stufe zur Peripherie. In M 13 dagegen nimmt die
Sterndichte zum Rand viel gleichmäßiger ab, die zahlreichen Sternketten und
dazwischen sternarmen Bereiche fesseln mich ans Okular.
Nun muss es gut sein, der Mond macht sich als Aufhellung am Horizont bemerkbar
und Wolkenfelder ziehen auf. Schade, die Nacht war viel zu kurz.
Aber Moment. Im Titel war doch auch noch was von einem Fernglas zu lesen!?
Richtig, will ich nicht verschweigen :-)
Andreas’ beiden 10x50 Ferngläser rundeten die Deepsky-Tour wunderschön ab.
Da ich vermute, dass Andreas demnächst auf Astrotreff auch noch selber was zu
seiner neuen Errungenschaft berichten möchte, nur soviel: ich war erstaunt, wie
einfach sich viele Galaxien und Kugelsternhaufen mit nur 10x und freihändig
sichten lassen! Spontan fallen mir da noch M 81/82, M 65/66, M 63, M 13, M 92
und M 56 ein. Es gab aber noch viel mehr zu sehen, das Highlight war für mich M
51 mit nur 10x: supereinfach und einfach nur super! Ein kleiner Lichtblob im
Sternfeld und mir schien es sogar so, als könne ich den Begleiter NGC 5195 als
leichte "Ausbeulung" erkennen! Alles in allem ergänzten sich Fernglas
und Teleskop an diesem Abend perfekt. Ich bin von der Leistungsfähigkeit der
kleinen Optik begeistert und wenn mal etwas Geld übrig ist…
Mein persönliches Fazit der Nacht: man kann zwei Stunden vor der Glotze
verplempern. Man kann aber auch zwei sehr intensive Stunden in der Natur
verbringen und dabei aus dem Staunen nicht mehr heraus kommen! Diese kurzen
Augenblicke zwischen den Tiefdruckgebieten sind es, die mir die Faszination für
die Astronomie augenblicklich wieder in’s Gedächtnis einbrennen – die nächsten
Wochen unter Wolken sind gerettet.