Planetarische Nebel visuell: die "Humasons" :-)


Milton Humason entdeckte im Laufe seine astronomischen Karriere nur 3 Planetarische Nebel, lagen seine Arbeitsschwerpunkte doch eher bei der Auswertung von Fotoplatten am 2,5m Teleskops des Mount Wilson, der Spektroskopie von (veränderlichen) Sternen und Quasaren für z.B. Hubble und Zwicky, sowie der reibungslosen Abwicklung des praktischen Alltages am Mount Wilson Observatorium - er war nun mal nur ein wissenschaftlicher Assistent!

Der fast schon nach Phantasterei klingende Werdegang des Entdeckers kann in einem Artikel von Rudolf Kippenhahn aus seiner Reihe "Kippenhahns Sternstunde" in der Zeitschrift "Astronomie heute" als pdf-Dokument nachgelesen werden - es ist DIE astronomische Version des "american dream"! :-)
Entdeckt wurden die PN durch ihre verräterischen Spektren auf fotografischen Aufnahmen mit einem 10" Teleskop mit Objektivprisma, wie in den zwei Veröffentlichungen hier und hier nachzulesen ist.

Der Humason-Katalog umfasst also 3 Einträge, die für den visuellen Beobachter gewisse Gemeinsamkeiten und gleichzeitig interessante Gegensätze bereit halten:
- in Helligkeit und scheinbarer Ausdehnung am Himmel sind die 3 Objekte recht ähnlich, nämlich hell und winzig...
- ... unterscheiden sich aber gleichzeitig bei sehr hohen Vergrösserungen stark in ihrem visuellen Erscheinungsbild!


Humason 1-1 (Cas):
- Ausdehnung 5"
- Flächenhelligkeit 7m6 (mag/Quadratbogenminute)
- Zentralstern 19mag2
weitere Infos

Eintrag Nummer 1 wurde 1920 spektroskopisch entdeckt, im Gegensatz zu den anderen beiden Humansos lies sich hier allerdings keine Fachliteratur finden. Dabei ist Hu 1-1 visuell bei sehr hohen Vergrösserungen ein interessantes Objekt:

"Schon mit 100x Vergrößerung (4mm AP) und direktem Sehen erscheint Humason 1-1 als kleines Sternchen in sternreicher Umgebung. Mit 600x (0,65mm AP) ist bei außergewöhnlich gutem seeing eine durchaus helle, runde und scharf begrenzte Scheibe von <10" sichtbar, die erst gleichmässig hell erscheint. Der westliche Rand ist leicht heller, die Mitte leicht dunkler als die mittlere Helligkeit des PN-eine Ringform deutet sich an! Der PN erscheint deutlich grösser als die in der Literatur angegebenen 5", vielleicht etwa 8"."


Humason 1-2 (Cyg):
- Ausdehnung des Zentralbereichs 8"
- Flächenhelligkeit ???
- Zentralstern 17mag3
weitere Infos

Im selben Artikel (s.o.), in dem Hu 1-1 der Fachwelt vorgestellt wurde, ist auch Hu 1-2 aufgelistet. Erst mag es unlogisch erscheinen, das dieser PN die Nummer zwei im Katalog darstellt, wurde er doch nach Angaben Humasons einen Monat eher als Hu 1-1 entdeckt. Dies liegt aber einfach nur an der Ordnung nach Rektazension - Hu 1-1 in der Cassiopeia hatte aus diesem Grund den Vortritt vor Hu 1-2 im Schwan erhalten. 
Hu 1-2 wurde zwar schon mehrmals spektroskopisch untersucht, über die mich interessierende Morphologie finden sich aber nur in einem Fachartikel vage Informationen. Danach ist von zwei hellen Knoten die Rede, die 6" auseinander stehen. Von diesen Verdichtungen im Zentralteil des PN sollen schwächere Nebelbereiche abgehen, die die Gesamtgrösse fotografisch auf maximal 25" ansteigen lassen. 
Was davon kann man visuell nachvollziehen? Auch hier wurde wieder ohne dieses Vorwissen beobachtet: 

"Ein hoch interessanter PN für starke Vergrößerungen! Sternförmig bei schwacher Vergrößerung, bester Anblick mit 600x (0,65mm AP): ein heller Barren (~ 3:1), an dem zwei, sich gegen den Uhrzeigersinn windende Arme Ansetzen. Der Barren erscheint ungleichmäßig hell, es blitzen immer wieder schwer faßbare Helligkeitsspitzen auf - am südwestlichen Ende des Barrens befindet sich eindeutig die hellste stellare Kondensation, eine weitere, schwächere am gegenüber liegenden Ende. Durch die Aufhellungen an den Enden erscheint die Mitte des Barrens im Vergleich etwas schwächer. Die Grenzen des Barrens sind allgemein scharf begrenzt, im Nordwesten allerdings schliesst ein deutliches Halo an, welches teilweise vom westlichen Arm umschlossen wird. Der westliche Arm ist einfacher sichtbar als der östliche. Beide Arme sind schmal, kurz und scheinen Ansätze von Bögen darzustellen. Auch im Norden schien sich blickweise ein Bogenansatz nach Westen zu erstrecken. Die Sichtung war allerdings nicht sicher und so wurde das Detail nicht mit eingezeichnet. Dank der großen Helligkeit ist ein Nebelfilter nicht nötig, obwohl der PN sehr deutlich auf einen [OIII] Filter anspricht. Der NF behindert bei hoher Vergrößerung die Detailwahrnehmung, bei schwacher Vergrößerung kann er aber benutzt werden, um den PN aus dem Sternfeld heraus zu blinken. Kein Zentralstern sichtbar."


Humason 2-1 (Her):
- Ausdehnung 2,6"
- Flächenhelligkeit 4m5 (mag/Quadratbogenminute)
- Zentralstern 13mag3 (Anm.: fraglich!)
weitere Infos 

Erst zwei Jahre nach den ersten beiden Einträgen wurde Nummer 3 als PN identifiziert und in den Katalog mit aufgenommen.
Hu 2-1 wird in der Literatur (hier und hier) als "junger PN" bezeichnet, der innere Bereich (Ring) misst nur 1,5"x0,7" und ist so extrem an der Grenze der Reichweite eines 16"ers bei sehr gutem seeing und hoher Vergrösserung. Ohne Kenntnis des Artikels war mein Eindruck:

"Auch mit 600x Vergrößerung (0,65mm AP, ohne Filter) erscheint der PN auf den ersten Blick stellar. Erst nach einiger Zeit wird deutlich, dass es sich um eine extrem kleine und sehr helle Scheibe handelt, um die sich ein ganz schwaches Halo zu befinden scheint. Die direkte Mitte der Scheibe erscheint weiterhin stellar - entweder handelt es sich um eine Täuschung oder um den Zentralstern. Der PN spricht sehr gut auf Nebelfilter an. Mit [OIII] Filter ist Hu 2-1 sehr hell und stellar. Ein schwacher, eng anliegender Hof kann nur vermutet werden." 
Vermutlich hat der [OIII] Filter das entscheidende bisschen Schärfe gekostet - der winzige Zentralteil konnte nur ohne Filter wahrgenommen werden und auch dann war die Unterscheidung vom sternförmigen Erscheinungsbild sehr schwierig.


Die Morphologie dreier Panetarischer Nebel, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten:
- Humason 1-1 ist eine praktisch exakt runde Fläche, die Ansätze einer Ringstruktur erkennen lässt.
- Humason 1-2 präsentiert sich sehr unregelmässig, eine starke Ähnlichkeit zur Hantelform samt "Ohren" von M 27, M 76 oder NGC 2371-72 drängt sich auf!
- eine genaue Form lässt sich bei Humason 2-1 schwer feststellen, die Beschreibung "nach aussen schwächer werdender, diffuser Halo um eine winzige Scheibe mit vermutetem Zentralstern" trifft hier vielleicht noch am ehesten zu...

Das Erscheinungsbild eines Planetarischen Nebels hängt stark von seinem Entwicklungsstadium und dem Blickwinkel ab. Gerade der Blickwinkel auf das beobachtete Objekt könnte für den unterschiedlichen Anblick der Humasons im Okular entscheidend sein. Extreme wären dann vielleicht Hu 1-1 (Polansicht auf einen Torus?) und Hu 1-2 (Äquatoransicht?) - hierbei handelt es sich aber nur um Vermutungen!

Planetarische Nebel sind nicht zuletzt wegen ihrer Formenvielfalt bei den visuell beobachtenden Amateuren so beliebt. Die drei Humasons stehen für diese Vielfalt (wenn auch nur bei hoher Vergrösserung) exemplarisch, viele Formen sind in dieser Objektklasse, die stark durch Perspektive und Entwicklungsstadium des PN geprägt sind, zugänglich!